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Erfahrungsbericht: "Die Ostsee tanzt"

|  News  |  Erstellt von Mario Münsterer

Tanzen auf den bundesweit ersten Turnieren nach dem Lockdown vom 28.8.2020 bis 30.8.2020

von Jutta & Siegfried Fischer

Wie alle begeisterten Turniertänzer trainierten auch wir nach der Wiedereröffnung des Clubheims nach dem Corona-Lockdown fleißig mehrfach in der Woche. Immer mehr fehlte uns da der Wettkampf um die eigene Leistung in Konkurrenz mit anderen Paaren zu messen. Doch die vielen Turnierabsagen, die weiterhin hohen Corona-Fallzahlen und die strengen Hygieneauflagen ließen wenig Hoffnung auf einen baldigen Wiedereinstieg in den Wettkampfsport aufkommen.

Als Ende Juli ein neuer Tanzspiegel erschien, ging ich gewohnheitsmäßig die Liste der angekündigten Turniere durch. Lauter Absagen. Doch was war das? Ein Seniorenturnierwochenende namens ‚Die Ostsee tanzt‘ ohne Absage. Erstaunt und neugierig besuchte ich die Webseite der Veranstaltung. Beim Durchlesen der Ankündigung wurde klar: Die Veranstalter meinen es wirklich ernst und wollen das Turnier trotz der Corona-Einschränkungen durchführen. In Abstimmung mit dem DTV wurde ein Konzept für den Wiedereinstieg in den Wettkampf entwickelt um den Paaren eine Perspektive und ein Trainingsziel zu geben.

Schnell waren wir uns einig, dass wir den weiten Weg quer durch Deutschland aus München bis in den hohen Norden an die Ostsee auf uns nehmen wollten, um diese einmalige Gelegenheit zu nutzen.

Bereits bei der Turnieranmeldung waren die ersten Einschränkungen spürbar. Die Teilnehmerzahlen der Einzelturniere waren auf maximal 12 Paare beschränkt, so dass wir uns in unserer Startklasse Senioren II C-Standard für die drei angebotenen Wettkämpfe mit einem Wartelistenplatz begnügen mussten. In der jüngeren Startgruppe Senioren I C-Standard konnten wir uns erfolgreich für zwei Turniere eintragen.

Gespannt betrachteten wir in den nächsten Wochen die Entwicklung der Corona-Statistiken. Würde unser Traum wirklich wahr werden? Unsere Reise planten wir nur grob und halbherzig, da wir innerlich immer noch von einer kurzfristigen Absage der Veranstaltung überzeugt waren.

Doch anstelle einer Absage erhielten wir am Montag vor dem verlängerten Turnierwochenende eine Mail mit der Nachricht, dass wir in zwei weiteren Turnieren einen Startplatz erhalten hätten. Nun suchten wir uns in der Nähe der Turnierstätte eine kleine Ferienwohnung und packten unsere Sachen ein.

In freudiger Erwartung, aber auch recht unsicher und angespannt, stiegen wir am Donnerstag früh ins Auto um unsere fast 1000km lange Anfahrt anzutreten. Auf der Fahrt erhielten wir per Mail den Zeitplan und Informationen zum Hygiene-Konzept.

Am späten Abend erreichten wir müde, aber glücklich die Turnierstätte, den Palmengarten im Terrarium des ehemaligen Ostseehotels Holm. In der Nähe einer Kurklinik und am Rande einer Feriensiedlung befindet sich hier in einem enorm hohen, weithin sichtbaren, etwas älteren Gebäudekomplex in unmittelbarer Nähe zum Strand ein sehr schöner, geräumiger Festsaal.

Nach Ausfüllen einer Gesundheitserklärung und Belehrung über die Hygieneregeln wie Maskenpflicht außerhalb der Tanzfläche und Händedesinfektion, konnten wir die Räumlichkeiten betreten und uns für den kommenden Turniertag anmelden. Dabei konnten wir, der Einbahnregelung folgend, auch einen Blick in den Festsaal und die Umkleide werfen.

Anschließend fielen wir erschöpft und glücklich in unsere Betten und träumten davon leichtfüßig über das Parkett zu schweben.

Am nächsten Morgen bereiteten wir uns mit einem Kribbeln im Magen für den anstehenden Wettkampf vor.

Die Turniere eines Tages waren in Blöcke mit meist je vier Startklassen aufgeteilt worden. Für jeden Block war eine festgelegte Check-In-Zeitspanne vorgesehen, innerhalb derer die Paare des Slots sich für das Turnier anmelden und die Formalien abwickeln konnten. Zunächst mussten alle Paare mit Abstand auf der Treppe vor dem Gebäude warten und wurden paarweise eingelassen sobald das Turnierbüro frei war. Vor dem Eintritt musste jeder eine bereits im Vorfeld vorbereitete und mitgebrachte Gesundheitserklärung für den Tag, möglichst mit einem eigenen Stift, unterschreiben und einen Mundschutz aufsetzen. Zudem erfolgte eine individuelle Einweisung über alle Regelungen und Abläufe. So galt zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort ein Mindestabstand zu anderen Paaren und Personen von 1,5 Metern. Ebenso gab es eine generelle Maskenpflicht, die ausschließlich am Platz im Saal, auf der Eintanzfläche in der Umkleide sowie auf der Tanzfläche aufgehoben war. Jeder Teilnehmer wurde am Einlass gezählt und Personen die das Gebäude verließen auch wieder abgezogen. Somit war zu jedem Zeitpunkt die genaue Zahl der in der Veranstaltung befindlichen Personen bekannt. Selbstverständlich stand am Eingang und an vielen Stellen im Gebäude Desinfektionsmittel zur Verfügung.

Bei der Turnieranmeldung, welche durch Plexiglas abgegrenzt war, bekam jedes Paar eine ausgedruckte Startnummer, die für das gesamte Turnierwochenende gültig war und mit einer selbst mitgebrachten Prospekthülle geschützt werden sollte. Außerdem erhielt man eine Saaleinlasskarte und einen Zettel mit einer Tischnummer für den Tanzsaal.

Der Weg zur Umkleide war mit Einbahnregelung am Boden markiert und teilweise auch mit Sperrbändern abgegrenzt. In Randbereichen und eigenen Räumen waren mehrere Verkaufsstände für Tänzerzubehör und Turnierkleidung untergebracht, die jeweils von einer festgelegten Personenzahl betreten werden durften. Auch ein Fotograph mit mehreren Computerterminals zum Betrachten der Bilder war vor Ort. Außerdem gab es eine Bar, an der, von Plexiglas abgeschirmt, Getränke und kleinere Speisen angeboten wurden.

Vor den Toiletten im Gebäude waren entsprechend der erlaubten Personenzahl frei/besetzt-Schilder aufgehängt, welche vor dem Betreten und beim Verlassen umgedreht werden mussten.

In der geräumigen Umkleide waren für jedes Paar zwei Stühle bereitgestellt. Die Stuhlpaare waren so versetzt aufgestellt, dass dazwischen ausreichend Abstand bestand. Die Garderobe hatte einen Zugang zur Terrasse, die mit genutzt werden konnte und über die eine ständige Belüftung gegeben war.

Im vorderen Teil der Umkleide war ein kleiner Bereich als Aufwärm- und Eintanzfläche ausgewiesen. Hier durften die Paare auch den Mundschutz abnehmen. In der Umkleide waren über eigene Lautsprecher die Musik und Ansagen aus dem Festsaal zu hören.

Die zeitliche Organisation sah für jeden Block zwei Stunden für Check-In, Umkleiden und Aufwärmen im Garderobensaal vor sowie zwei Stunden im Festsaal für den Ablauf der vier Turniere. Während die Turniere eines Blocks stattfanden, waren die Paare des nächsten Blocks beim Check-In und im Umkleidesaal. Nach dem Turnier zogen sich die Paare nur noch kurz in der Garderobe um und verließen das Gebäude um für die Paare des übernächsten Blocks Platz zu machen.

Zu einer festgelegten Zeit wurden alle Paare aus dem aktuellen Block aus der Umkleide abgeholt und, angeführt von einem Helfer mit Follow-Me-Schild, zum Festsaal geleitet. Hierbei wurde auf 1,5 Meter Abstand zwischen den Paaren geachtet. Vor dem Eingang wurde gewartet, bis der vorangehende

Turnierblock inklusive der Siegerehrungen abgeschlossen war und alle Paare des Vorgängerblocks den Saal verlassen hatten.

Nach Abgabe der Einlasskarte und Händedesinfektion durfte der Saal paarweise betreten werden. Eine eigene Tasche mit Utensilien durfte mitgebracht werden. Eigene Getränke und Speisen waren im Saal nicht erlaubt, sondern mussten im Vorfeld an der Bar erworben werden. Leider war kein Ausprobieren der Tanzfläche möglich. Alle Paare mussten sich auf direktem Weg zu dem ihnen zugewiesenen Sitzplatz mit Tisch begeben und sich dort auch setzen.

Der Saal war sehr großzügig mit schönem dunklen Parkett und mit Lichterketten festlich geschmückt. An den Rändern waren an drei Seiten in zwei Reihen je zwei Stühle zusammen aufgestellt und rechts daneben jeweils ein kleiner Tisch, auf dem die mitgebrachten Utensilien abgestellt werden mussten und der den Abstand zum Nachbarpaar sicherstellte. An der freien vierten Seite waren auf der Tribüne die Turnierleitung und Musik untergebracht. Pro Paar war maximal eine Begleitung zugelassen. Diese Personen durften den Saal selbst nicht betreten, aber mit Abstand auf der Empore Platz nehmen. Es waren jedoch kaum Begleiter der Paare anwesend. Im Saal herrschte eine ruhige, entspannte Stimmung und das Ambiente war sehr festlich. Da bis zu 48 Paare anwesend waren wirkte der Saal auch mit Zuschauern jederzeit gut gefüllt.

Am Platz durften die Masken abgenommen werden. Die Turniere der meist vier Startklassen eines Blocks wurden jeweils geschachtelt durchgeführt. Zunächst wurden alle Vorrunden bzw. Sichtungsrunden getanzt, im Anschluss daran nacheinander alle Endrunden. Abschließend fanden die Siegerehrungen statt.

Es gab im Saal keine Eintanzmöglichkeit mehr und alle anwesenden Paare mussten, solange sie nicht aktiv waren, auf ihren Plätzen sitzen bleiben. Ein Aufstehen am Platz war nicht gestattet. Jedes Paar durfte sich erst unmittelbar bevor es auf die Fläche ging auch vom Platz erheben. Eine echte Herausforderung nach z.T. mehr als 40 Minuten ununterbrochenem Sitzen aufzustehen und unmittelbar sportliche Höchstleistung zu zeigen.

Eigene Fotos durften im Saal nicht gemacht werden, lediglich der Fotograf war zum Fotografieren berechtigt. Die Wertungsrichter standen an fest zugeordneten Plätzen links und rechts neben der Bühne, ohne Maske, dafür mit mindestens 1,5 Meter Abstand.

Sofern die Vorrunde eines Turniers in zwei Runden getanzt wurde, mussten die Herren der aktiven Paare aufstehen und bekamen einen Zettel mit der aktuellen Rundenauslosung ausgehändigt. Die Turniere selbst wurden zügig, ohne große Pausen abgewickelt. Die erfahrenen Turnierleiter sorgten aber für Auflockerungen und die notwendigen Verschnaufpausen für die gerade aktiven Paare. Trotz der fehlenden Zuschauer, war im Saal durchwegs eine sehr gute Stimmung und die gerade nicht aktiven Paare eines Blocks, immerhin die Paare von drei Startklassen, unterstützen die Tänzer mit kräftigem Applaus.

Bei der Siegerehrung wurden die Endrundenpaare einzeln aufgerufen und mit Abstand und versetzt vor der Tribüne aufgereiht. Es gab für alle Urkunden und das Siegerpaar erhielt eine mit Muscheln hübsch verzierte Schieferplatte als Pokal.

Vor Verlassen des Saals musste jedes Paar seine Abfälle in am Tisch befestigten Müllbeuteln entsorgen und den Tisch mittels auf dem Tisch bereitgestelltem Desinfektionsmittel und Küchenrolle desinfizieren. Anschließend wurde die gesamte Tänzergruppe zurück in die Umkleiden geleitet um Platz für den bereits wartenden nächsten Block zu machen.

Durch die Corona-Einschränkungen waren einige Abläufe anders als gewohnt und teilweise auch störend. Durch die begrenzten Teilnehmerzahlen konnten nicht alle Paare an den gewünschten Turnieren teilnehmen. Für aufgestiegene Paare und Siegerpaare war ein Mittanzen in der höheren Startklasse meist nicht möglich, da die Startklassen schon maximal belegt waren. Das Tragen eines Mundschutzes ist, insbesondere mit Turnier-Makeup und nach heftiger körperlicher Aktivität, natürlich unangenehm. Außerdem bestanden wenig Eintanzmöglichkeiten, ein Eintanzen im Saal war am Turniertag überhaupt nicht möglich und das Warmhalten im Saal während der Runden der anderen Turniere eines Blocks im Sitzen war schwierig. Schade war auch, dass keine eigenen Getränke erlaubt waren und man nicht fotografieren durfte. Natürlich haben auch die Zuschauer gefehlt, jedoch wurden sie durch die vielen Turnierpaare im Saal oft mehr als kompensiert.

Aus unserer Sicht war der Wiedereinstieg in den Tanzsport in dieser Form dennoch ein voller Erfolg. Im Vordergrund stand bei allen Tänzern der Spaß am Tanzen. Es war sichtbar, dass alle Paare sehr motiviert waren und sich freuten endlich wieder tanzen zu dürfen. Es waren Paare aus dem gesamten Bundesgebiet angereist und viele der Startklassen waren schnell gefüllt. Es ergaben sich am Rande viele nette Gespräche und Begegnungen mit anderen Turnierpaaren und den Veranstaltern. Die Stimmung war trotz der strengen Überwachung der Einhaltung der Regeln durchwegs ruhig und entspannt und alle Anwesenden haben sich bereitwillig an die Regeln gehalten. Trotz der fehlenden Zuschauer herrschte im Saal ein tolles Ambiente und es gab viel Applaus für alle Paare, was auch zu richtig guten Leistungen motiviert hat. Man hat an jeder Ecke gemerkt, wie viele Gedanken sich die erfahrenen und routinierten Veranstalter gemacht haben, um alle strengen Auflagen zu erfüllen, dennoch einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen und die Freude und das Ambiente nicht zu kurz kommen zu lassen. Das ist ihnen wirklich toll gelungen und wir bedanken und ganz herzlich für diesen großen Einsatz und die Mühen.

Für uns persönlich war das verlängerte Wochenende die weite Anreise auf jeden Fall wert. Es hat sich toll angefühlt Teil dieses Probelaufs zu sein und endlich wieder Turniere tanzen zu dürfen. Zudem konnten wir mit einem 1. und einem 2. Platz in Sen II-C Standard sowie einem 2. und einem 3. Platz in Sen I-C Standard in diesem völlig neuen, deutschlandweiten Feld an Tänzern einen für uns tollen Erfolg verbuchen, der uns auch einem Aufstieg in die nächst höhere Klasse sehr nahe gebracht hat.

Nun bleibt die Hoffnung, dass alle Tänzer und Helfer des verlängerten Wochenendes gesund bleiben und diese Veranstaltung somit als Vorbild für weitere Turniere dienen kann. Wir selbst haben uns nach den Turnierwochenende noch für eine Woche in freiwillige Quarantäne begeben und werden anschließend einen Corona-Test machen, um niemanden zu gefährden. Bei uns in Bayern sind leider kurz nach diesem Turnierwochenende unsere für Ende September geplanten Sen I Meisterschaften Corona-bedingt abgesagt worden. Wir hoffen sehr, dass die Fallzahlen es bald wieder zulassen, dass mehr Tanzturniere stattfinden können. Mit den Einschränkungen durch die Auflagen können wir gut leben. Denn Sport und Freude an der Bewegung sorgen für unser Wohlbefinden und fördern damit auch unsere Gesundheit.

Foto: Klaus Butenschön